Wer Uniform oder Dienstkleidung trägt, kennt die Herausforderung: Bis sie problemlos sitzt, dauert es. Maßnehmen, passende Größen ermitteln, abholen, anprobieren, umtauschen – fast überall sind diese Prozesse noch analog und kosten viel Zeit und Ressourcen. So ist es auch bei der Bundeswehr, wo jährlich rund 16.500 neue Rekrutinnen und Rekruten zum ersten Mal eingekleidet werden. Sie müssen zur Ersteinkleidung in eine der sogenannten Servicestationen fahren, wo die Bekleidung für alle Dienststellen vorgehalten wird. Dort werden sie per Hand vermessen, um zunächst die passenden Größen zu ermitteln und ihnen dann die Bekleidung vor Ort auszuhändigen. Ist die richtige Größe gerade nicht verfügbar, muss sie erst einmal nachbestellt werden – und der Soldat oder die Soldatin muss später erneut zur Servicestation fahren. Dass das Personal dort jeden Bekleidungsartikel auch noch schriftlich erfasst, kostet zusätzlich Zeit und Ressourcen. Die dazu erhobenen Zahlen sprechen für sich: Allein in der Grundausbildung werden weit über 500.000 Kilometer Fahrtwege und über 560.000 Stunden Dienstzeit inklusive Überstunden für An- und Abfahrt, Organisation, Maßnehmen und Ausgabe der Bekleidung aufgewendet.
Digitale Lösung für mehr Effizienz bei der Einkleidung
Grund genug, mit einer digitalen Lösung für mehr Effizienz bei der Einkleidung zu sorgen, wie die Verantwortlichen bei der Bundeswehr feststellten: Der Vorschlag, den Prozess zu digitalisieren, kam vom Wehrwissenschaftlichen Institut für Wehr- und Betriebsstoffe (WIWeB). Zu den Aufgaben gehören hier unter anderem die Entwicklung und Prüfung passender und funktionaler Bekleidung für bundeswehrspezifische Bedürfnisse. In Zusammenarbeit mit der Innovationseinheit der BWI, innoX, entstand in einem Innovationsexperiment eine App, die eingesetzte Ressourcen und aufgewendete Zeit erheblich minimieren könnte. Mit der App, die den passenden Namen „BundesWEAR“ trägt, ermitteln Bedienstete ihre Körpermaße selbst per Handyscan und bekommen ihre passgenauen Uniformen direkt zugeschickt – wahlweise nach Hause oder in die Kaserne. Sowohl das Maßnehmen durch den Schneider vor Ort als auch die Fahrten zu den Servicestationen entfallen damit vollständig.
Dienstbekleidung: auf die Passform kommt es an
Gerade bei Dienstbekleidung kommt es auf die richtige Passform an – nicht nur, damit die Kleidung gut aussieht, sondern zum Beispiel auch, damit sie die Trägerin oder den Träger bei der Arbeit optimal schützt. Auf das korrekte Maßnehmen kann daher nicht verzichtet werden, denn oft kommt es vor, dass Kleidungsstücke unterschiedlich groß ausfallen. Passt die Bluse in der einen Größe optimal, so zwickt vielleicht die Jacke in der gleichen Größe. BWI innoX kombinierte daher gemeinsam mit dem WIWeB zwei Innovationen: Anstatt per Hand vermessen zu werden, scannen die Soldatinnen und Soldaten per Smartphone-Kamera ihre Maße einfach selbst, und künstliche Intelligenz (KI) verarbeitet die Ergebnisse.
Der Videoscan ermöglicht es, mithilfe von künstlicher Intelligenz die Körpermaße exakt zu ermitteln.
BWI GmbH
Die App erfragt zunächst allgemeine Daten zur Person wie Alter, Größe und Gewicht. Dann folgt der Kamerascan: Ein Sprachassistent gibt den Anwenderinnen und Anwendern im Anschluss genaue Anweisungen, wie sie ihr Smartphone zu positionieren haben und sich davor aufstellen und bewegen müssen. Das Ganze wird per Video aufgezeichnet. Anhand des Videos werden 13 verschiedene Körpermaße, zum Beispiel der Hüftumfang oder die Beinlänge, automatisch ermittelt. Mithilfe dieser Daten kann die KI die richtigen Kleidergrößen für das vorhandene Sortiment genau bestimmen – auch wenn diese, wie es bei der Bundeswehr zum Teil der Fall ist, nicht den marktgängigen Konfektionsgrößen entsprechen. Sollte trotzdem mal etwas nicht passen, kann es einfach zurückgeschickt werden. Der in der App integrierte Retourenprozess hilft der KI dabei, sich stetig zu verbessern.
Digitales Einkleiden: für viele Bereiche der öffentlichen Verwaltung interessant
Die Erprobungsphase von „BundesWEAR“ ist mittlerweile abgeschlossen. Die Ergebnisse sind vielversprechend für die Bundeswehr – und gegebenenfalls auch darüber hinaus. Die App könnte als Blaupause für andere Bereiche der öffentlichen Verwaltung dienen: überall dort, wo Dienst- und Sicherheitsbekleidung benötigt wird, zum Beispiel bei Polizei oder Feuerwehr. Klingt ausgezeichnet? Ist es auch: „BundesWEAR“ gewann beim diesjährigen eGovernment-Wettbewerb unter der Schirmherrschaft von Nancy Faeser die Goldmedaille in der Kategorie „Bestes Digitalisierungsprojekt“.
Lust auf IT, Innovationen und mehr? IT-Expertinnen und -Experten gesucht!
Die BWI als Digitalisierungspartner und Innovationstreiber der Bundeswehr sucht ständig nach motivierten Menschen, die spannende Digitalisierungsthemen anpacken wollen. Attraktive Leistungen wie orts- und zeitflexible Arbeitsmodelle, individuelle Weiterbildungen, persönliche Coachings, marktgerechte Vergütung und eine ausgezeichnete Altersvorsorge sind bei der BWI selbstverständlich. Interessiert? Mehr dazu auf der Karriereseite der BWI.
Übrigens: Viele der Digitalisierungs- und Innovationsprojekte rund um die Bundeswehr lassen sich im neuen digitalen Showroom der BWI entdecken.
Mobile Apps