Jeden Werktag werden in der Bundesrepublik fast zwei Millionen Pakete mit Dingen zurückgeschickt, die Verbraucher ein paar Tage zuvor selbst im Internet bestellt haben. Nichts anderes bedeuten die insgesamt fast 530 Millionen Retoursendungen, die die Forschungsgruppe Retourenmanagement der Universität Bamberg in einer Studie für das Jahr 2021 ermittelt hat. Das entspricht einer Rücksendequote von 24,2 Prozent aller im Onlinehandel an die Kunden verschickten Pakete. Gleichzeitig bedeuten diese Zahlen nahezu eine Verdopplung gegenüber der letzten Vergleichsuntersuchung für das Jahr 2018. Darin hatten die Experten die Zahl der Rücksendungen noch auf 280 Millionen beziffert.
Deutschland ist nach aktuellen Daten „Retouren-Europameister“
Grund für den Anstieg ist zum einen der anhaltende Boom des E-Commerce, nicht zuletzt gesteigert während der Corona-Pandemie. Zum zweiten machen es die Internetgeschäfte ihren Kunden hierzulande besonders einfach, Bestellungen zurückzuschicken. Fast 90 Prozent der befragten deutschen Händler gaben an, dass die Retouren für Verbraucher kostenlos sind. Im europäischen Ausland ist dies mit nur gut 52 Prozent deutlich seltener der Fall. Drittens sind die Rückgabefristen in Deutschland oft länger als gesetzlich vorgeschrieben.
All das hat zur Folge, dass die Bundesrepublik im europäischen Vergleich bei Retouren „Europameister“ ist. Über alle Warengruppen hinweg seien hier die höchsten Rücksendequoten zu beobachten, fassen die Autoren zusammen.
Polizei warnt: Fake-Shops locken mit günstigem Brennholz
Schaut man sich die Ergebnisse im Detail an, stechen Bekleidung und Schuhe mit einer besonders hohen Retourenquote hervor: Über 90 Prozent der 2021 fast 1,3 Milliarden zurückgeschickten Artikel entfielen auf dieses eine Segment. Bezogen auf die Menge der Pakete liegt der Modeanteil immerhin noch bei 83 Prozent.
Deutlich niedriger als bislang allgemein angenommen beziffern die Forscher die Kosten, die den Onlineshops durch die Rücksendungen entstehen: Pro retourniertem Artikel beliefen sich Transport- und Bearbeitungskosten im Mittel auf 2,85 Euro, pro Paket auf 6,95 Euro.
Allerdings unterscheide sich der Verlust deutlich von Warenart zu Warenart, zudem sei der Aufwand bei kleinen Händlern viel höher als bei den Branchenriesen.
Dass die Kosten vergleichsweise niedrig ausfallen, führen die Studienautoren auch darauf zurück, dass mehr als 93 Prozent der retournierten Produkte erneut als neuwertig verkauft werden konnten. Ein Teil ging als B-Ware in den Handel, die Vernichtungsquote lag bei „nur“ 1,3 Prozent – in absoluten Zahlen entspricht dies dann aber doch rund 17 Millionen Artikeln.
Zara verlangt Retourgebühr: Ende der Gratiskultur?
Nach dem japanischen Modehändler Uniqlo verlangt seit Mai auch Zara von seinen Kunden eine Gebühr für das Zurückschicken. Noch ist die Kostenbeteiligung mit knapp zwei beziehungsweise drei Euro je Sendung gering, doch manche Kunden könnte das vom bisherigen „Einfach-malbestellen- und-dann-sehen“ abschrecken. Bisher sind keine weiteren großen Shops dem Beispiel gefolgt.
Branchenexperten sehen das Vorpreschen der beiden Modehändler trotzdem als Signal und können sich eine Kehrtwende bei kostenlosen Rückversand vorstellen. So auch Björn Asdecker, Leiter der Bamberger Forschungsgruppe: „Vielleicht ist da jetzt ein Anfang gemacht“, äußerte er bereits im Frühjahr.
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