Vor einigen Tagen berichtete die Tagesschau über aufdringliche Vertreter, die an den Türen von Hausbesitzern und Mietern klingeln und diesen einen Glasfaseranschluss verkaufen wollen. Zwar nennt die Tagesschau die Deutsche Telekom als Beispiel, doch diese Vorgehensweise praktizieren auch die Konkurrenten der Telekom und auch kleinere, regionale Anbieter. Das Problem dabei: Mitunter setzen die Vertriebsmitarbeiter die Hausbesitzer unter Druck und nötigen diese zum Abschluss eines Vertrags, den diese gar nicht benötigen oder verstehen.
Glasfaseranschluss für 83 Jahre alten Mann ohne Internet, Mail und Smartphone
In einem uns bekannten Fall, der sich vor wenigen Tagen im Dezember 2022 zugetragen hat und der teilweise von einer im Eingangsbereich des Hauses aufgebauten Überwachungskamera gefilmt wurde, versuchte ein Vertriebspartner der Deutschen Telekom einem erkennbar alten Mann einen Glasfaseranschluss zu verkaufen. Der Vertriebspartner klingelte kurz vor 19 Uhr an der Haustür und wurde nach einem kurzen Gespräch im Treppenhaus von dem Mann (es handelt sich dabei um den Hauseigentümer) in dessen Wohnung eingelassen.
Der Telekom-Vertriebspartner trug erkennbar einen Ausweis um den Hals. Das sieht man auf dem Video, das die im Eingangsbereich der Wohnung installierte Überwachungskamera aufgenommen hat. Diese Kamera wird nicht von dem Hauseigentümer betrieben. Zwar kann man auf dem Videomitschnitt nicht erkennen, was auf dem Ausweis steht, doch wir gehen davon aus, dass dieser Ausweis den Vertreter korrekt als Partner der Deutschen Telekom ausweist. Mit dem vermutlich darauf befindlichen QR-Code hätte der ältere Mann aber nichts anfangen können.
Der Telekom-Vertriebspartner hätte aber auf den ersten Blick erkennen müssen, dass er dem Hausbesitzer keinen Glasfaseranschluss verkaufen darf. Da der Mann über 80 Jahre ist. Um genau zu sein: er ist 83 Jahre, benötigt einen Krückstock, hört schlecht und nutzt weder Internet noch Smartphone und besitzt auch keine E-Mailadresse. All das hätte der Vertriebspartner sofort sehen oder erfragen müssen. Die Vorgaben der Telekom verbieten es ihren Vertriebspartnern ausdrücklich, Personen über 80 Jahren via Haustürgeschäft einen solchen Vertrag abschließen zu lassen. Zudem muss ein Kunde laut den Vorgaben der Telekom zwingend eine E-Mailadresse besitzen. Es ist außerdem nicht davon auszugehen, dass der Telekom-Vertriebspartner dem Mann den Sinn, die Details und die Vorteile eines Glasfaseranschlusses erklären konnte. Definitiv hat der Telekom-Vertriebspartner den alten Mann NICHT an einen Telekom-Shop oder an die Telekom-Hotline verwiesen, wie es die Vorgaben der Deutschen Telekom für Ü80-Kunden vorschreiben.
Bei dem anschließenden Verkaufsgespräch in der Küche des Mannes drängte der Telekom-Vertriebspartner den alten Herrn laut dessen Aussage uns gegenüber zum Abschluss des Vertrags und zur Unterschrift unter den Vertrag. Der Vertriebsmitarbeiter wurde dabei laut dem älteren Mann durchaus aggressiv. Somit entsprach der Vertriebsmitarbeiter nicht der Telekom-Vorgabe „Im Direktvertrieb gestatten wir keine Vermarktung an Ü80-Interessenten“.
Als der alte Mann sich aber weigerte zu unterschreiben und sagte, dass sein Sohn bereits von einem anderen Unternehmen (einem regionalen Konkurrenten der Telekom) einen Glasfaseranschluss beantragt habe, sprang der Vertriebspartner auf und verließ wütend die Wohnung. Er schloss nicht einmal die Wohnungstür hinter sich. Das wurde von der Überwachungskamera zweifelsfrei festgehalten.
Die Deutsche Telekom betont uns gegenüber, dass jeder Neu-Kunde eine Willkommens-Mail erhalten würde. Das wäre in dem oben beschriebenen Fall schon daran gescheitert, dass der alte Mann keine E-Mailadresse besitzt. Der Telekom-Vertriebspartner hätte beim Ausfüllen des Vertragsformulars nach der Mailadressen fragen müssen und – da der alte Mann eine solche nicht besitzt – das Verkaufsgespräch beenden müssen.
Die Deutsche Telekom betont gegenüber der PC-WELT Folgendes
Es handelt sich bei den Haustürvertretern um autorisierte Vertriebspartner, jede einzelne Mitarbeiterin und Mitarbeiter wird geprüft und autorisiert. Alle Mitarbeitenden können sich ausweisen und tragen den Ausweis in Sichthöhe (Anm. d. Red.: Das war in unserem Beispiel oben offensichtlich der Fall). Auf dem Ausweis befindet sich ein QR-Code. Über diesen Link kann der Kunde auf der Telekom-Seite den Mitarbeiter/die Mitarbeiterin mit Foto überprüfen, ob es ein von uns freigegebener Vermarkter ist. Darüber hinaus sind alle Mitarbeitenden mit einem Autorisierungsschreiben der Telekom ausgestattet.Die Vertriebspartner arbeiten auf ProvisionsbasisEs gibt einen klaren, verpflichtenden Code of Contact, welcher den Kundenangang regelt.Wir haben eine Ü80-Regelung, um sicherzustellen, dass ältere Menschen nicht übervorteilt werden. Kunden diesen Alters werden an den nächsten Shop oder unsere Hotline verwiesen. Im Direktvertrieb gestatten wir keine Vermarktung an Ü80-Interessenten (Anm. d. Red.: Gegen diese beiden Vorgaben hat der Vertriebspartner in dem oben beschriebenen Fall verstoßen).
PC-WELT wollte zudem von der Deutschen Telekom wissen, ob die Vertriebspartner bei Haustürgeschäften dazu angehalten sind, über die 14-tägige Widerrufsfrist bei Haustürgeschäften zu informieren. Die Antwort der Telekom:
Ja, die Kenntnisnahme der Widerrufsfrist befindet sich auf dem Auftragsformular und wird vom Kunden gezeichnet. Zusätzlich erhält der Kunde sofort nach dem Besuch des Beraters / der Beraterin eine Willkommens-Mail mit allen Vertragsdetails und seinem Auftrag. Danach erfolgt ein Anruf, ein sogenannter quality call beim Kunden und erst nach Bestätigung des Auftragswunsches in diesem Call durch den Kunden, wird der Auftrag an uns übermittelt. Wenn der Auftrag übermittelt wurde und der Auftrag von der Telekom bestätigt wurde, hat der Kunde 14 Tage Widerrufsrecht.
So reagieren Sie, wenn Sie den Vertragsabschluss rückgängig machen wollen
Sie haben bei einem Haustürgeschäft einen Vertrag für einen Glasfaseranschluss oder unterschrieben und bereuen das nachträglich? Dann müssen Sie schnell sein, denn Haustürgeschäfte können nur binnen 14 Tagen rückgängig gemacht werden. Darauf haben Sie einen Rechtsanspruch.
Falls Sie einen solchen Vertrag bei einem Vertriebspartner der Deutschen Telekom unterschrieben haben, können Sie diese allgemeine Telekom-Hotline anrufen: 0800 3301000. Sie müssen dort Ihre Vertragsnummer angeben, diese steht auf dem Vertrag, den Sie unterschrieben haben. Sollte auf diesem Vertrag noch eine andere Telekom-Hotline-Telefonnummer stehen, können Sie auch diese anrufen, um den Vertrag zu stornieren. Sie sollten Sie aber keinesfalls auf die telefonische Stornierung Ihres Auftrags verlassen, sondern sollten unbedingt auch noch schriftlich per Einschreiben den Vertrag stornieren.
Es muss ausdrücklich betont werden, dass es schwarzen Schafe unter den Vertriebspartnern bei allen Unternehmen gibt. Vor allem zu Vodafone gab es in der Vergangenheit diesbezügliche Meldungen:
Verbraucherschützer mahnen Vodafone ab wegen angeblich untergeschobenen Vertrag ab
Katze erhält Vodafone-Vertrag – das sagt der Provider dazu
Vodafone gibt oft Anlass zur Beschwerde – sagen Verbraucherschützer
Gericht verurteilt Vodafone wegen untergeschobenen Vertrag
Gericht verurteilt Vodafone: Kunden falschen Vertrag untergeschoben
Keinesfalls dient dieses Beispiel als Beleg dafür, dass Vertragspartner der Deutschen Telekom generell besonders problematisch sein könnten. Es hätte sich in dem oben beschriebenen Fall, von dem PC-WELT erfahren hat und der zudem teilweise von einer Überwachungskamera aufgezeichnet wurde, genauso gut um den Vertragspartner eines anderen Telekommunikationsunternehmens handeln können.
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