Das Bundesarbeitsgericht hat ein für Whatsapp-Nutzer richtungsweisendes Urteil gefällt (AZ: 2 AZR 17/23). Demnach darf ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer kündigen, wenn dieser in einem Whatsapp-Chat hetzt oder Beleidigungen verbreitet.
In einer kleinen Chatgruppe wird extrem gehetzt
In dem konkreten Fall ging es um eine seit 2014 existierende private Chatgruppe mit sechs Arbeitnehmern, die in Hannover-Langenhagen bei der Fluggesellschaft TUIfly arbeiten. 2020 stieß noch ein ehemaliger Kollege als siebtes Mitglied dazu.
Alle Gruppenmitglieder waren “langjährig befreundet”, zwei miteinander verwandt. Einige der Mitglieder, darunter auch einer der später vom Arbeitgeber Gekündigten, äußerten sich in der Whatsapp-Chatgruppe “in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und andere Kollegen”, wie das Gericht es formuliert. Laut der Tagesschau wurden Formulierungen verwendet, nach denen “Covidioten vergast” werden sollten. Außerdem war von einem Anschlag die Rede.
Der Chatverkauf wurde dem Arbeitgeber zugespielt. Dieser kündigte daraufhin den Mitgliedern der Chatgruppe fristlos.
Gekündigte meinen: Grundgesetz schütze vertrauliche Kommunikation.
Die entlassenen Mitarbeiter klagten gegen die Kündigung und beriefen sich auf die im Grundgesetz geschützte vertrauliche Kommunikation. Der Arbeitgeber hätte den privaten Chat nicht als Grund für die Kündigung verwenden dürfen, wie die Tagesschau die Begründung der Kläger wiedergibt.
Tatsächlich gaben zwei Gerichte der von einem der Kläger erhobenen Kündigungsschutzklage statt. Doch der jetzt urteilende Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts entschied zugunsten des Arbeitgebers und bestätigte die Kündigungen. Zwar darf man grundsätzlich eine “Vertraulichkeitserwartung” bei solchen Chats haben. Doch der Schutz der vertraulichen Kommunikation gilt eben nicht in jedem Fall. Denn dieser sei “abhängig von dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie der Größe und personellen Zusammensetzung der Chatgruppe”.
Das Gericht formuliert es juristisch verklausuliert folgendermaßen:
Sind Gegenstand der Nachrichten – wie vorliegend – beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige, bedarf es einer besonderen Darlegung, warum der Arbeitnehmer berechtigt erwarten konnte, deren Inhalt werde von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. August 2023 – 2 AZR 17/23
Fall geht zurück an nächstniedere Instanz
Das konnte der gekündigte Arbeitnehmer aber laut dem Bundesarbeitsgericht nicht darlegen. Das Bundesarbeitsgericht hat das Berufungsurteil deshalb aufgehoben und den Fall an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Das Landesarbeitsgericht wird dem Gekündigten jetzt Gelegenheit geben zu erklären, warum “er angesichts der Größe der Chatgruppe, ihrer geänderten Zusammensetzung, der unterschiedlichen Beteiligung der Gruppenmitglieder an den Chats und der Nutzung eines auf schnelle Weiterleitung von Äußerungen angelegten Mediums eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung haben durfte”. Mit anderen Worten: Wieso glaubte der Kläger davon ausgehen zu können, dass der Chatverlauf so vertraulich sei, dass dessen Inhalt weder weitergeleitet noch sonstwie weitergegeben werden könnte.
Das Bundesarbeitsgericht hat ebenfalls am 24.8.2023 in zwei ähnlich gelagerten Rechtsstreitigkeiten in gleicher Weise entschieden.
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