Rudra Saraswat, der Entwickler hinter Blend-OS, beschreibt sein Werk als Betriebssystem, das verschiedene Linux-Distributionen, Android- und Web-Apps nahtlos integriert. Das ist ein komplexes Ansinnen und könnte Linux-Nutzern das Leben deutlich vereinfachen. Künftig können Sie sich auf das Picken der Rosinen konzentrieren und die besten Anwendungen aus verschiedenen Distributionen nutzen.
Blend-OS integriert aktuell bereits neun Distributionen, dazu haben Sie die Wahl zwischen den beiden Desktopumgebungen KDE und Gnome.
Anfang Juni wurde die dritte Version von Blend-OS mit dem Namen „Bhatura“ veröffentlicht. Der erst 13-jährige Entwickler versieht seine Releases mit Namen bekannter indischer Gerichte – dieses Mal hat er sich ein frittiertes indisches Fladenbrot ausgesucht.
Siehe auch: Linux-Vergleich – So finden Sie die richtige Distribution
Das Fazit vorab: Blend-OS macht in der aktuellen Version einen stabilen, aber nicht fehlerfreien Eindruck. Unser System hat beispielsweise die Sprache nach einem Update wieder auf Englisch zurückgesetzt. Dies konnten wir auch nicht mehr korrigieren. Sollte Saraswat und dessen Unterstützer konsequent an der Weiterentwicklung dranbleiben, kann daraus eine interessante Umgebung entstehen. Aktuell ist Blend-OS ein System für Experimentierfreudige, aber noch nicht für den produktiven Einsatz.
Installation auf dem eigenen Computer
Über die Registerkarte „Linux Container“ können Sie verschiedene Linux-Distributionen einrichten und dann im jeweiligen Terminal die gewünschten Anwendungen installieren.
IDG
Blend-OS gibt es in zwei Varianten – eine mit vorinstalliertem KDE Plasma, die zweite mit Gnome. Sie erhalten beide Varianten von der Blend-OS-GitHub-Projektsite. Wir haben uns in unserem Test für die Gnome-Variante entschieden. Beim ersten Start steht der Installationsassistent von Blend-OS mit dem Namen „Jade GUI“ zur Verfügung. Mit ihm richten Sie nicht nur das Tastaturlayout und die Sprache ein, sondern legen beispielsweise auch einen neuen Benutzer an und versehen diesen mit einem individuellen Passwort. Diese Werte und weitere Parameter können Sie jederzeit im Nachgang über das Menü „System Tools“ und den Punkt „Einstellungen“ anpassen.
Nachdem Sie Blend-OS vollständig installiert und neu gestartet haben, startet automatisch ein Assistent, der durch die Funktionen und Neuerungen führt. Dies gibt Ihnen einen ersten Überblick über die Spezifika dieser speziellen Linux-Distribution und erlaubt den direkten Absprung in die einzelnen Menüs, etwa zur Einrichtung der Android-App-Ausführung.
Erweiterung von Blend-OS
Das Grundsystem von Blend-OS ist unveränderlich und schreibgeschützt. Zusätzliche Systempakete werden auf einem Overlay-Dateisystem installiert. Hierfür setzt der Entwickler auf einen neuen Daemon namens Akshara. Dies ermöglicht es, zu bestimmten Systemzuständen zurückzukehren, falls bei der Installation von Paketen Probleme aufgetreten sind. Wenn Sie die technologische Basis von Blend-OS – Arch Linux – erweitern möchten, müssen Sie erst ein neues Overlay anlegen. In diesem können Sie dann neue Programme installieren.
Der Befehl
sudo akshara set-custom-packages [Paketname]
installiert die entsprechende Software. Die Anlage eines Overlays müssen Sie einmalig bestätigen. Nach einem Neustart steht dieses dann zur Verfügung. Falls Sie Overlays nicht mehr benötigen, löschen Sie es mit Hilfe des Befehls sudo akshara drop-overlay.
Arbeiten mit Linux-Containern
Damit Sie bei der Installation zusätzlicher Funktionen und Container nicht auf die Kommandozeile angewiesen sind, finden Sie in Blend-OS unter „System Tools“ die „Blend-OS Settings“.
Für die Anlage eines neuen Linux-Docker-Containers mit vorkonfigurierter Distribution wählen Sie das Register „Linux Container“. Im Abschnitt „Container“ finden Sie die verfügbaren Distributionen. Ergänzen Sie Ihre Auswahl mit einem individuellen Namen und starten die Anlage des Containers über das Plus-Zeichen. Die folgende Installation kann abhängig von der verwendeten Hardware und Ihrer Internetverbindung mehrere Minuten dauern. Im Anschluss steht Ihnen das System als Auswahl in der Liste zur Verfügung.
Haben Sie den entsprechenden Container aktiviert, öffnet sich ein Terminal, in dem Ihnen alle Funktionen der Distribution wie gewohnt zur Verfügung stehen.
Wir haben für unser Beispiel einen Ubuntu-23.04-Container gewählt. Nachdem dieser installiert und gestartet ist, sehen Sie im Terminal auch die verwendete Systemversion. Es steht Ihnen in Ubuntu wie gewohnt das Paket-Management-System apt sowie das damit verbundene Repository zur Verfügung.
Die Architektur von Blend-OS bietet in diesem Zusammenhang einen weiteren Vorteil: Programme, die Sie in einem Container installiert haben, sind auch unter Arch Linux und weiteren Containern nutzbar. Zusätzlich stehen auch die Paketmanager aus allen Distributionen in allen Terminals zur Verfügung.
Ist somit ein Programmpaket in einem Repository nicht verfügbar, können Sie bei mehreren Linux-Containern einfach auf ein anderes ausweichen.
Eine Einschränkung gibt es jedoch, wenn Sie mehrere Linux-Distributionen verwenden: Sie können immer nur einen Container geöffnet haben. Wenn Sie einen zweiten starten, erhalten Sie eine entsprechende Fehlermeldung.
Android-Apps und Web-Apps
Mit Hilfe von Waydroid und einem Android- Container ermöglicht Blend-OS die Ausführung von Android-Apps.
IDG
Blend-OS bietet nicht nur die Möglichkeit, verschiedene Linux-Distributionen unter einem Dach zu nutzen, sondern stellt zusätzlich eine Android-Umgebung bereit. Diese ist Waydroid und ebenfalls als Containerlösung realisiert. Vor dem ersten Einsatz müssen Sie auf der Registerkarte „Android Apps“ den App-Support aktivieren und die Installation der Pakete mehrfach bestätigen.
Nachdem der Vorgang abgeschlossen ist und Sie Ihr System neu gestartet haben, steht ein neues Menü „Android Apps“ mit verschiedenen Standardanwendungen, wie dem Kalender oder dem Dateimanager, zur Verfügung. Für die Installation weiterer Apps haben Sie die Wahl zwischen zwei App Stores: Aurora und F-Droid. Sie können einen oder beide installieren und parallel verwenden. Neu installierte Apps finden Sie im Anschluss im Menü „Android Apps“. Bei jedem App-Aufruf öffnet sich ein weiteres Fenster – Sie können somit mehrere Anwendungen parallel verwenden.
Eine weitere Möglichkeit unter Blend-OS ist der Einsatz von Web-Apps. Dabei handelt es sich um gekapselte, webbasierte Anwendungen, wie etwa die Google Suche, Google Maps, den Organizer Evernote oder den Messagingdienst Whatsapp. Einmal installiert, haben Sie die Anwendungen entweder über das Menü „Web Apps“ oder über ein separates Symbol innerhalb der Menüstruktur im direkten Zugriff.
Zu guter Letzt bringt Blend-OS auch noch das Repository von Arch Linux mit, aus dem Sie über den Menüpunkt „Software“ aus den verschiedenen Kategorien oder über die Suche passende Anwendungen auswählen und installieren können. Diese werden dann, wie bei der Installation über die Kommandozeile, in einem separaten Overlay gespeichert und stehen im Menü für den direkten Aufruf bereit.
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