Wissenschaftler mehrerer US-Universitäten haben Infektionen mit dem Rattenlungenwurm Angiostrongylus cantonensis untersucht. Anhand seiner Ausbreitung in Wanderratten (Rattus norvegicus) in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia haben die Forscher ermittelt, welche Bedeutung dieser Parasit für die öffentliche Gesundheit hat. Dabei bestätigte sich die beunruhigende Erkenntnis: Dieser Parasit befällt zunehmend auch Menschen und nistet sich dann im Gehirn der Infizierten ein.
Angiostrongylus cantonensis nistet zunächst in Ratten
Der Rattenlungenwurm (Angiostrongylus cantonensis) ist ein Fadenwurm, der in Ratten lebt. Diese Nagetiere infizieren sich, indem sie Schnecken fressen, die als Zwischenwirte dienen und mit Larven des Rattenwurms infiziert sind. Im Nagetierwirt wandern die Larven durch die Blutgefäße in das zentrale Nervensystem und werden nach zwei Häutungen zu erwachsenen Fadenwürmern, die in die Lungenarterie der Ratten wandern, wo sie sich vermehren.
Nach der Paarung legen die Weibchen der Rattenlungenwürmer Eier ab, aus denen in den Lufträumen der Lunge Larven des ersten Stadiums schlüpfen. Die Larven steigen die Luftröhre hinauf, gelangen nach dem Verschlucken durch die Wirtsratte in deren Verdauungstrakt und verlassen den Körper über den Kot der Ratte. Anschließend nehmen Schnecken die Larven des Wurms auf, woraufhin sich die Larven bis zum infektiösen L3-Stadium entwickeln.
So infiziert der Wurm den Menschen
Soweit ist das für den Menschen nicht gefährlich. Doch Wirte wie Fische, Frösche und Krustentiere können ebenfalls infektiöse L3-Larven von Angiostrongylus cantonensis beherbergen und diese auf Nagetiere und zufällige Wirte übertragen. Zu diesen zufälligen Wirten gehört auch der Mensch. Nämlich dann, wenn Menschen Fische, Frösche (Froschschenkel), Krustentiere (Garnelen) oder auch Schnecken (Weinbergschnecken) essen, die roh oder zumindest nicht durchgegart sind. In diesem Fall wandert der Wurm auch im Menschen in dessen Gehirn.
Das sind die Folgen
Dort kann der Erreger eine eosinophile Meningoenzephalitis, also eine Form der Hirnhautentzündung, verursachen kann. In Einzelfällen kann die Infektion tödlich verlaufen. Eine spezifische Behandlung ist nicht möglich, in den meiste Fällen überstehen die Menschen aber die Infektion aus eigener Kraft. Es gibt sogar Hinweise, dass der Wurm sich auch im Auge des Menschen einnistet.
Auch schon in Europa
Die meisten Berichte über Infektionen stammen bisher aus Asien. In den Vereinigten Staaten wurden Infektionen mit A. cantonensis zunächst aus Hawaii und später aus Texas, Louisiana, Alabama und Florida gemeldet, wahrscheinlich eingeschleppt durch infizierte Ratten und Schnecken auf Handelswegen, z. B. auf Handelsschiffen. Doch mittlerweile gibt es auch eine autochthone (also nicht eingeschleppte) Infektion mit A. cantonensis bei braunen Ratten (Rattus norvegicus) in Atlanta, Georgia, USA. Der Erreger hat sich dort also mittlerweile festgesetzt.
Zwischen 2011 und 2017 stellten Mediziner in Texas, Tennessee und Alabama sechs Verdachtsfälle von autochthoner Angiostrongyliasis beim Menschen fest. Auch auf Mallorca wurde der Rattenlungenwurm bereits entdeckt. Der Rattenlungenwurm hat also Europa erreicht. Deshalb sollte man im Urlaub keinesfalls Schnecken oder andere Tiere essen, die nicht vollständig gekocht sind.
Die Forscher kommen zu diesem Fazit:
Der A.-cantonensis-Lungenwurm in städtischen Rattenpopulationen, Schnecken-Zwischenwirten und anderen paratenischen Wirten im bevölkerungsreichen Großraum Atlanta stellt eindeutig eine mögliche Bedrohung für die Gesundheit von Menschen sowie von Haus-, frei laufenden und in Gefangenschaft gehaltenen Tieren dar. Mediziner und Tierärzte im Süden der Vereinigten Staaten sollten bei der Differentialdiagnose von verschiedenen Formen von Hirnhautentzündung eine Infektion mit A. cantonensis in Betracht ziehen.
Prof. Gottdenker
So schützen Sie sich
Menschen, die in Gebieten mit A. cantonensis leben oder dorthin reisen, sollten es vermeiden, rohe oder nicht gekochte Weinbergschnecken, Nacktschnecken, Süßwassergarnelen, Landkrebse, Frösche, Tausendfüßler und Eidechsen zu essen sowie potenziell kontaminiertes Gemüse und Gemüsesäfte.
Quelle: msdmanuals.com
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