Die anfängliche Euphorie von 2019 ist längst vorbei, E-Scooter werden von immer mehr Menschen als ein Ärgernis angesehen. Das bestätigt jetzt im November 2023 eine neue ADAC-Umfrage unter 3.200 Menschen in 16 deutschen Großstädten: “Mit 55 Prozent größter Unsicherheitsfaktor in fast allen Städten ist der E-Scooter, entweder als parkendes Hindernis auf Gehwegen oder wegen rücksichtslosen Verhaltens des Fahrers”. Und weiter: “Das Sicherheitsgefühl erhöht sich auch, wenn Kommunen konsequent das Gehwegparken nicht nur von Pkw, sondern auch von E-Scootern und Lastenfahrrädern einschränken und Verstöße verstärkt ahnden.”
Zwar gehören E-Scooter in vielen Großstädten tatsächlich zum Alltagsbild – doch das gilt für Tauben-Kot und achtlos weggeworfenen Müll ebenfalls. Gut sind E-Scooter deshalb noch lange nicht. Immer mehr Städte steuern gegen und einige Städte wie Paris verbieten den Verleih von E-Scootern sogar völlig. Auch in Barcelona und Montréal sind Leih-E-Scooter verboten. Die in Paris verbotenen E-Scooter kommt prompt zumindest teilweise nach Berlin.
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E-Scooter als Stolperfallen für andere Menschen
Okay, nicht die E-Scooter selbst sind das Problem, sondern deren Benutzer. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass E-Scooter häufig gedankenlos mitten auf Bürgersteige oder direkt vor Haustüren gestellt werden. Gerade nachts ist das Risiko groß, dass sich Passanten verletzten, wenn sie über ein derartiges Hindernis stürzen.
E-Scooter-Chaos
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Falls noch schlimmer sind die rücksichtslos geparkten E-Scooter aber für Rollstuhlfahrer und Rollator-Benutzer. Diese sind vielfach aufgeschmissen, wenn Sie auf einem Bürgersteig mit hohem Bordstein fahren und ihnen durch einen querstehenden E-Scooter die Weiterfahrt verwehrt wird. Auch sehbehinderte Mitmenschen oder Blinde stellen rücksichtslos abgestellte E-Scooter vor Probleme. Deshalb kritisieren auch Sozial- und Behindertenverbände die E-Scooter.
Doch in unserer egoistischen Ich-Gesellschaft juckt das viele der hippen E-Scooter-Piloten nicht. Vermutlich vorwiegend solche nicht, die betrunken unterwegs sind. Über falsch geparkte Autos, die Bürgersteige behindern, regt man sich zurecht auf. Doch bei E-Scootern scheint das als Kavaliersdelikt zu gelten.
Die Städte reagieren aber zunehmend auf das Abstellchaos mit den Leih-E-Scootern (denn vor allem um diese geht es. E-Scooter in Privatbesitz sind seltener ein Problem). Zunehmend werden Abstellflächen ausgewiesen, auf denen die E-Scooter abgestellt werden müssen.
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Noch weniger körperliche Betätigung
Die Deutschen bewegen sich ohnehin in der Mehrzahl zu wenig. Das sieht man nicht nur an der großen Verbreitung typischer Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck und Diabetes und den damit verbundenen Folgeerkrankungen, sondern man sieht es auch ganz augenscheinlich an der “Formgebung” vieler Mitmenschen: Sie haben einfach zu viel auf den Rippen. Legen Menschen, die sich ohnehin wenig bewegen und keinen Sport treiben, die letzten wenigen Meter in der Stadt auch noch per E-Scooter statt auf Schusters Rappen zurück, ist das der Gesundheit ganz sicher nicht förderlich.
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Immer mehr schwere Unfälle
Je mehr Menschen auf E-Scootern unterwegs sind, desto mehr Menschen verunglücken damit. Das ist zwangsläufig. Das Statistische Bundesamt Destatis stellt fest, dass im Jahr 2022 die Zahl der E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden um 49 Prozent auf 8.260 gestiegen ist. Insgesamt kamen 2022 11 Menschen ums Leben. 1.234 Menschen wurden 2022 schwer verletzt und 7.651 leicht.
Mehr als 80 Prozent der Verunglückten waren selbst mit dem E-Scooter unterwegs, darunter auch 10 der 11 Todesopfer. Wichtig: In dieser Statistik sind nicht die Unfälle enthalten, die durch unachtsam abgestellte E-Scooter verursacht wurden.
Diese E-Scooter-Fahrer sind am gefährlichsten
Am Donnerstag, 23.11.2023, um 17:20 Uhr, schafften es zwei E-Scooter-Fahrerinnen sogar zusammenzustoßen. Aus dem Polizeibericht:
Beim Zusammenstoß zweier Elektroroller sind in Offheim am Donnerstagnachmittag zwei Menschen verletzt worden, einer davon sogar schwer. Zwei jeweils 38-Jährige befuhren mit ihren E-Scootern den Gehweg der Kapellenstraße in entgegengesetzter Richtung. Offenbar konnten sich beide Fahrerinnen aufgrund der einsetzenden Dunkelheit zu spät wahrnehmen und prallten gegeneinander. Bei der Kollision wurden beide Frauen verletzt, weshalb sie vom Rettungsdienst in Krankenhäuser gebracht wurden. Die Verletzungen einer Frau stellten sich als schwerwiegender heraus, weshalb sie von den Rettern als schwerverletzt eingestuft wurde. Zur Eigentumssicherung stellte die Polizei die beiden beschädigten Elektroroller sicher.
Polizei Kreis Limburg-Weilburg
Es kommt oft zu Kopfverletzungen, was auch daran liegt, dass viele E-Scooter-Fahrer keinen Helm tragen (eine Helmpflicht gibt es für E-Scooter nicht). Dazu kommen oft Verletzungen der Halswirbelsäule. Auch Fußbrüche kommen vor, ebenso Brüche an Fingern, Handgelenken und Armen.
E-Scooter: Frau sitzt verletzt am Boden
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Dabei sind es primär die Leih-E-Scooter, mit denen die meisten Unfälle passieren. Das dürfte kaum jemanden überraschen: Wer einen eigenen E-Scooter besitzt und damit regelmäßig fährt, ist im Umgang mit dem Gefährt geübter und beherrscht es souveräner. Gelegenheitsfahrer sind dagegen ein Problem: Sie überschätzen häufig ihr Können und kümmern sich auch nicht weiter um den E-Scooter, wenn sie ihn nicht mehr benötigen.
Einmal kam mir ein junger Mann auf einem E-Scooter in einer engen Gasse entgegen. Er war bereits an mir vorbei, als ich ihn schreien hörte. Ich drehte mich um und sah, dass der junge Pilot offensichtlich den Bremsweg des E-Scooters unterschätzt hatte und um ein Haar bei der Einfahrt in eine Hauptstraße gegen ein Auto gekracht wäre.
E-Scooter-Fahrer leben in diesen Städten besonders gefährlich
Übrigens verursachen E-Scooter bei Unfällen erstaunlich hohe Schadenssummen: E-Scooter richten bei einem Unfall einen größeren Schaden an als etwa die deutlich schwereren Mopeds. Selbst Autos liegen bei der Schadenshöhe nur ein paar Hundert Euro über E-Scootern.
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Fußgänger wie Slalomstangen umfahren
E-Scooter haben auf dem Gehweg nichts zu suchen. Denn E-Scooter-Fahrer müssen, so weit vorhanden, Fahrradwege benutzen. Ansonsten müssen sie auf Fahrbahnen oder Seitenstreifen ausweichen, das Fahren auf Gehwegen ist immer verboten, sofern es nicht per Verkehrszeichen ausdrücklich erlaubt ist. In Fußgängerzonen dürfen E-Scooter in der Regel aber fahren.
In der Realität halten sich aber viele E-Scooter-Piloten nicht an die gesetzlichen Vorgaben und umkurven auf den Gehwegen Fußgänger wie Slalomstangen. Vor allem, wenn die E-Scooter-Fahrer alkoholisiert sind oder sich sogar zu zweit auf dem Scooter befinden. Mit bis zu 20 km/h sind die E-Scooter auf den Gehwegen aber deutlich schneller unterwegs als die Fußgänger. Gerade ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung können den schnellen E-Scootern nicht so leicht ausweichen.
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Lächerliche Körperhaltung
Die stocksteife Körperhaltung, mit der man auf einem E-Scooter unterwegs ist, wird von dem Gerät vorgegeben. Man kann als E-Scooter-Fahrer bei der Körperhaltung nicht viel variieren. Also steht man in der Regel auf dem elektrischen Feuerofen in einer Haltung, als ob man einen Besen verschluckt hat. Cool wirkt das nicht, eher lächerlich.
Ärgernis in Bahn und Bus
Nicht nur wild auf Gehwegen abgestellte E-Scooter stören. Auch im öffentlichen Nahverkehr sind die mitgeführten E-Scooter oft hinderlich. Vor allem in den Stoßzeiten morgens und am Feierabend, wenn sich die Passagiere in Bus und Bahn drängen. Dann sind Menschen, die ihre E-Scooter mitschleppen, richtig lästig. Die E-Scooter nehmen nicht nur Platz weg, sondern verschmutzen im zusammengeklappten Zustand so manche fremde Hose, wenn der Besitzer des E-Scooters nicht aufpasst.
Obendrein stellen E-Scooter in der U-Bahn auch ein Sicherheitsrisiko dar. Und zwar dann, wenn sie in der U-Bahn Feuer fangen. Deswegen hat Hamburg wie zuvor bereits Barcelona und London das Mitführen von E-Scootern in der U-Bahn verboten.
Brandgefährlich
Immer wieder machen Meldungen die Runde, dass es beim Aufladen des Akkus des E-Scooters zu Brandschäden kommt. Da E-Scooter-Akkus meist in der Wohnung aufgeladen werden, steht schnell die ganze Wohnung in Flammen, wenn es beim Aufladevorgang zu einem technischen Defekt kommt. Im Jahr 2022 sollen allein in New York zehn Menschen bei E-Scooter-Bränden ums Leben gekommen sein.
Aber auch in Deutschland verursachten Akkus von E-Scootern Wohnungsbrände, zum Beispiel in Stuttgart. In München verwüstete bereits vor einiger Zeit der brennende Akku eines E-Scooters eine Wohnung.
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Umweltschädlich statt nachhaltig
E-Scooter teilen sich mit E-Bikes, Smartphones, Tablets, Mährobotern und anderen modernen Geräten ein Problem: Sie besitzen einen Akku. Dessen Herstellung kostet viel Energie und benötigt seltene Rohstoffe. Zudem ist nicht immer sicher, unter welchen Umweltschutz- und Arbeitsbedingungen diese Rohstoffe gewonnen werden. Ist der Akku verschlissen, dann fällt er als Sondermüll der Umwelt zulasten.
Geht man davon aus, dass vor allem Fußmärsche durch E-Scooter-Fahrten ersetzt werden, dann ist der ökologische Fußabdruck der E-Scooter sogar noch größer: Denn diese müssen überhaupt erst einmal produziert werden. Das kostet Energie und Rohstoffe. Bei einem Fußmarsch gibt es nichts dergleichen.
Zudem muss man den E-Scooter-Akku natürlich regelmäßig aufladen. Der Strom dafür kostet erstens Geld und zweitens muss er produziert werden. Solange Strom aber nicht ausschließlich klimaneutral erzeigt wird, hinterlässt man damit einen COâ-Fußabdruck.
Besonders umweltschädlich sind aber die Chaoten, die E-Scooter in Flüsse werfen. So ist es in Frankfurt und in Köln passiert – dort sogar schon mehrfach und mit Hunderten Geräten. Nun sind schon “normale” Räder, die in einen Fluss geworfen werden, ein echtes Ärgernis. Doch bei E-Scootern kommt noch hinzu, dass die Akkus undicht werden und dann giftige Substanzen austreten, die das Wasser verseuchen.
Leih-E-Scooter müssen zudem regelmäßig eingesammelt und zum Aufladen gebracht werden. Das erfolgt mit Autos, die in der Regel mit Verbrennermotoren fahren. Also entstehen so auch noch Abgase und ein COâ-Fußabdruck.
Umweltbundesamt: E-Scooter sind meist schlecht für die Umwelt
Die Menschen, die die Leih-E-Scooter nachts wieder einsammeln (Juicer, Ranger, Hunter), verdienen übrigens sehr wenig – Die Arbeit eines Lime-Juicers: viel Risiko für wenig Lohn – und haben einen anstrengenden Job.
E-Scooter kosten viel Geld
Ein richtig teurer Spaß ist es, wenn man sich einen E-Scooter kauft. Da kommt man schnell in einen Bereich von 500 Euro oder mehr. Doch es gibt auch Modelle für 1.000 Euro und darüber. Dazu kommen noch die Kosten für das Kennzeichen, die zwischen 40 und 80 Euro liegen, für die Haftpflichtversicherung, sowie für den Strom zum Aufladen des Akkus (so teuer ist es, seinen E-Scooter zu laden). Zudem muss man mit Reparaturen rechnen. Eines Tages muss auch der Akku ersetzt werden. Viel Geld für ein Verkehrsmittel, das oft nur Fußmärsche ersetzt, die nichts kosten.
Wenn man eine Strecke mit dem E-Scooter statt zu Fuß zurücklegt, bedeutet das einfach nur: Man zahlt Geld für etwas, was man problemlos auch gratis haben könnte. Denn E-Scooter-Fahrten gehen häufig nur über kurze Distanzen.
Die besten E-Scooter / E-Tretroller 2023
Kein Ersatz für Autos
Typischerweise legen E-Scooter-Fahrer nur kurze Strecken zurück. In den Ballungsräumen, in denen E-Scooter typischerweise verwendet werden, legen Passanten solche Strecken sonst entweder zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem öffentlichen Nahverkehr zurück. Autofahrten dürften durch E-Scooter-Fahrten fast nie ersetzt werden, wenn es hochkommt, ersetzen vielleicht 11 Prozent aller E-Scooterfahrten eine Autofahrt.
Studie: E-Scooter versagen bisher als Auto-Ersatz
Sinnvoller wären E-Scooter auf dem Land, wo der öffentliche Nahverkehr meist miserabel ausgebaut ist. Doch dort sind die Nutzerzahlen zu gering, für E-Scooter-Verleiher lohnt es sich nicht, auf dem Land ihre Scooter anzubieten. Und mal ehrlich: möchten Sie auf einer Land- oder Bundesstraße mit dem E-Scooter fahren? Das ist wohl nur etwas für Menschen mit Selbstmordabsichten. Zumindest bei der Fahrweise vieler deutscher Autofahrer.
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